Zur Anrechnung von EU-Familienleistungen auf deutsches Kindergeld
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass der Anspruch auf Kindergeld auch dann in Höhe des Anspruchs auf vergleichbare Familienleistungen im EU-Ausland zu mindern sein kann, wenn die im Ausland vorgesehenen Leistungen gar nicht beantragt wurden.
Der Kläger lebt mit seiner Familie in Deutschland und bezog für seine beiden Kinder Kindergeld nach deutschem Recht. Die Ehefrau war nicht erwerbstätig. Im Dezember 2000 nahm der Kläger eine nichtselbständige Erwerbstätigkeit in den Niederlanden auf, ohne dort die ihm für seine Kinder zustehenden Familienleistungen zu beantragen. Er machte der Familienkasse hiervon keine Mitteilung, so dass diese das Kindergeld weiterhin ungemindert auszahlte. Erst im Jahr 2016 erfuhr die Familienkasse von der Erwerbstätigkeit. Sie hob die Festsetzung des Kindergeldes für mehrere Jahre in der Höhe auf, in der ein Anspruch auf Familienleistungen in den Niederlanden bestanden hatte.
Erwerbstätigkeit in den Niederlanden
Der BFH stellte hierzu klar, dass gemäß den Rechtsvorschriften der EU die Niederlande vorrangig zuständig für die Gewährung von Familienleistungen waren, weil der Kläger dort eine Erwerbstätigkeit ausübte und die Ehefrau des Klägers in Deutschland nicht erwerbstätig war. Deutschland brauchte deshalb nur die Differenz zwischen dem deutschen Kindergeld und dem Anspruch auf die (niedrigeren) niederländischen Familienleistungen zu zahlen.
Des Weiteren sei ein Anspruch des Klägers auf niederländische Familienleistungen nicht deshalb zu verneinen gewesen, weil dieser in den Niederlanden keinen entsprechenden Antrag gestellt hatte. Denn der beim nachrangigen Träger (Deutschland) gestellte Antrag auf deutsches Kindergeld sei unionsrechtlich so zu behandeln, als wäre er beim vorrangig zuständigen Staat (Niederlande) gestellt worden, so der BFH in seinem Urteil vom 09.12.2020 (Az. III R 73/18).
(BFH / STB Web)