Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern: Kein Vertrauensschutz durch frühere Rechtsprechung
Kann rückwirkenden Beitragsforderungen entgegengehalten werden, man habe darauf vertraut, dass im Hinblick auf die Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen kein Beschäftigungsverhältnis vorliege und auch frühere Betriebsprüfungen beanstandungsfrei verlaufen seien?
Über diese Frage hat das Bundessozialgericht am 19. September 2019 verhandelt und entschieden, dass Betriebsprüfungen künftig auch bei fehlenden Beanstandungen zwingend durch einen Verwaltungsakt, der insbesondere den Umfang, die geprüften Personen und das Ergebnis der Betriebsprüfung festhält, beendet werden müssen. Das soll zu mehr Rechtssicherheit führen.
GmbH-Geschäftsführer: Sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis?
Die verhandelten Verfahren (Az. B 12 R 25/18 R und weitere) betrafen mittelständische Familienunternehmen, die zunächst als Einzelunternehmen, dann als GmbH geführt wurden. Geschäftsführer waren nahe Angehörige oder Ehegatten der Allein- beziehungsweise Mehrheitsgesellschafter. Die Unternehmen meldeten ihre Geschäftsführer nicht zur Sozialversicherung, weil sie annahmen, es bestehe kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Nach neuerlichen Betriebsprüfungen forderten die Rentenversicherungsträger demgegenüber Sozialversicherungsbeiträge wegen Beschäftigung in erheblicher Höhe nach.
Frühere „Kopf-und-Seele“-Rechtsprechung überholt
Die Betroffenen beriefen sich auf Vertrauensschutz. Das Bundessozialgericht habe früher in vergleichbaren Fällen entschieden, dass kein Beschäftigungsverhältnis vorliege und daher keine Beiträge abzuführen seien, wenn der Betroffene – wie die jeweiligen Geschäftsführer – als „Kopf-und-Seele“ des Unternehmens dessen Geschicke maßgeblich in der Hand gehabt hätten.
Vier Revisionen von GmbHs zurückgewiesen
Doch weder diese „Kopf-und-Seele“-Rechtsprechung einzelner Senate noch Betriebsprüfungen, die mangels Beanstandungen ohne Bescheid beendet wurden, vermittelten Vertrauensschutz, so das Bundessozialgericht in seiner aktuellen Entscheidung. Es hat damit alle vier Revisionen der Unternehmen zurückgewiesen.
Betriebsprüfungen müssen künftig auch bei fehlenden Beanstandungen zwingend durch einen Verwaltungsakt beendet werden. Die darin enthaltenen Feststellungen sind bei neuerlichen Betriebsprüfungen zu beachten und können unter Umständen einer anderslautenden Beurteilung entgegengehalten werden. Zudem sind die prüfenden Rentenversicherungsträger verpflichtet, die Betriebsprüfung auf die im Betrieb tätigen Ehegatten, Lebenspartner, Abkömmlinge des Arbeitgebers sowie geschäftsführende GmbH-Gesellschafter zu erstrecken, sofern ihr sozialversicherungsrechtlicher Status nicht bereits durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist.
(BSG / STB Web)